Max Bill, 1908-1994

Der in Winterthur geborene Max Bill beginnt 1924 an der Kunstgewerbeschule Zürich eine Lehre als Silberschmied.

Dort erhält er mit 17 Jahren eine Einladung, seine Schülerarbeiten in Paris auf der Exposition internationale des Arts Décoratifs et industriels modernes zu präsentieren und ist beim Besuch in Paris stark beeindruckt von den Werken zeitgenössischer Architekten und Designer.

1927 setzt der junge Max Bill seine Ausbildung in Dessau fort und studiert bis 1929 am Bauhaus Architektur. Seine Lehrer sind unter anderem Josef Albers und Paul Klee. Im gleichen Jahr kehrt er nach Zürich zurück und arbeitet dort hauptsächlich als Architekt, aber auch als Maler, Plastiker, Grafiker und Publizist.

Max Bill schliesst sich in dieser Zeit gänzlich der Konkreten Kunst an; seine Werke lesen sich wie deren Manifest. Selbst sagt er über die Konkrete Kunst: «ich bin der auffassung, dass es möglich sei, eine kunst weitgehend auf grund einer mathematischen denkweise zu entwickeln.» Und weiter: «[…] konkrete kunst ist in ihrer letzten konsequenz der reine ausdruck von harmonischem mass und gesetz. sie ordnet systeme und gibt mit künstlerischen mitteln diesen ordnungen das leben. […] sie erstrebt das universelle und pflegt dennoch das einmalige. sie drängt das individualistische zurück, zugunsten des individuums.»

Nur folgerichtig ist er einer der Mitbegründer und bedeutendsten Vertreter der Allianz, einer Vereinigung von Kunstschaffenden in Zürich. Aus dieser entwickeln sich in den 1930er Jahren die Zürcher Konkreten. Seine Mitstreiter waren Verena Loewensberg, Camille Graeser und Richard Paul Lohse, aber auch Fritz Glarner und Hans Hinterreiter.

Eine der Pionierleistungen der Zürcher Konkreten besteht unter anderem darin, dass sie die Inhalte der Kunst selbst zum Thema ihrer eigenen Werke erklären und Untersuchungen zu Farben, Formen und Materialien vorgenommen haben.

1931 heiratet Bill die als Fotografin, Grafikerin und Cellistin tätige Zürcherin Binia Spoerri. 1942 kommt der gemeinsame Sohn Jakob zur Welt.

Bill schliesst sich ebenfalls der Pariser Gruppierung Abstraction-Création an, der unter anderem der bekannte Pionier der Abstraktion Auguste Herbin angehört, löst sich aber im Jahre 1936 wieder von ihr.

Von 1953 bis 1956 ist Bill Rektor der Hochschule für Gestaltung in Ulm, wo er als Leiter der Abteilungen Architektur und Produktform revolutionäres Produktdesign kreiert, wie beispielsweise den berühmten Ulmer Hocker, und auch das Gebäude der Hochschule entwirft.

Erwähnenswert ist Bills Verbindung zu Brasilien, was ihm nicht zuletzt auch eine grosse Beliebtheit im hispanischen Raum beschert. 1950 ist Bill das erste Mal dort, um seine Arbeiten im neu eröffneten Museu de Arte de São Paolo auszustellen. Eine enge Beziehung besteht auch zwischen dem lateinamerikanischen Land zur Ulmer Hochschule, deren Rektor Bill seit 1953 ist. Viele junge Studenten kehren nach dem Studium an der Ulmer Hochschule mit Bills Ideenreichtum in ihr Heimatland zurück und gründen eigene Grafikateliers und Architekturbüros.

Max Bill ist auch auf politischer Ebene aktiv; so ist er 1961 Mitglied des Gemeinderates der Stadt Zürich und ab 1967 für vier Jahre Nationalrat für den Landesring der Unabhängigen. Er setzt sich gegen den Nationalsozialismus ein, versteckt politisch Verfolgte bei sich – und wird 1936 sogar vom Schweizer Staatsschutz beobachtet.

Bill heiratet 1991 in zweiter Ehe die Kunsthistorikerin Angela Thomas, mit der er seit 1974 liiert ist. Im Alter von 85 Jahren verstirbt Max Bill 1994, als er sich zwecks Rückreise nach Zürich auf dem Flughafen Berlin aufhält.

 

Bills Gesamtwerk ist umfassend und für viele Bereiche der Kunst, Architektur und des Designs wegweisend.

Noch vor seiner Ausbildung am Bauhaus durchläuft Bill eine experimentelle Suche. Die frühen Werke Der Knabe spielt mit dem Hund (1928, Tusche auf weissrot gestreiftem Stoff) sowie Cirkus (1927, Farbstift und Bleistift auf Papier) stammen aus dieser Zeit.

Am Bauhaus hat Bill eine umfassende Kunstausbildung durchlaufen und wird beeinflusst durch den dort vorherrschenden Gedanken, die Arbeitsgemeinschaft zwischen Kunst und Handwerk neu und auf demokratischer Ebene zu beleben, was er fortan in sein Schaffen miteinbezieht.

Bills Werke beruhen auf mathematischen Grundsätzen. Er gestaltet sie wie naturwissenschaftliche Konstruktionen. Die konstruktiv-klare Form ermöglicht es, dass (Gebrauchs-)Objekte industriell gefertigt werden, was Bill mit Perfektion beherrscht: Seine Werke bestechen durch kühne und mathematisch-konstruierten Formen, ohne jedoch den Reiz eines Designobjekts wie Klasse, Spannung und Eleganz zu verlieren.

Bills Bedürfnis, in seinen Werken Farben, Formen und auch Materialität zu untersuchen, eines der Kernthemen der Zürcher Konkreten, ist omnipräsent und bis in seine Spätphase spürbar: in seinen Grafiken Doppel aus vier Vierergruppen (1983), 3 : 4, hell (1985) oder Vier sich durchdringende Farben mit Weiss und Grau (1978) ist dies gut zu erkennen.

Auch in seinem plastischen Schaffen übernimmt Bill seine konkreten Gestaltungsprinzipien, wie Halbe Kugel um zwei Achsen (1965-1966, schwarzer schwedischer Granit) eindrücklich belegt.

Max Bill ist einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts, wie seine unzähligen Bilder, Skulpturen, Designobjekte, Grafiken und Gebäude dokumentieren. Seine ästhetischen Mittel sind bis heute lebendig und gültig, was Max Bill in vielerlei Hinsicht zu einem Gestalter von «Klassikern» macht.

 

Max Bill, 1908-1994

Born in Winterthur, Max Bill began in 1924 an apprenticeship as a silversmith at the Zurich School of Applied Arts. There, at the age of 17, he was invited to present his student work in Paris at the International Exhibition of Modern Decorative and Industrial Arts and was very impressed by the work of contemporary architects and designers when visiting Paris.

In the same year, the young Max Bill continued his training in Dessau and studied architecture at the Bauhaus until 1929. His teachers included Josef Albers and Paul Klee. In the same year he returned to Zurich and worked there mainly as an architect, but also as a painter, sculptor, graphic artist and publicist.

During this time, Max Bill fully embraced concrete art; his works read like its manifesto. He said of concrete art: «I am of the opinion that it is possible to develop an art largely on the basis of a mathematical way of thinking.» And further: «[…] in its final consequence, concrete art is the pure expression of harmonious measure and law. it arranges systems and, with artistic means, gives life to these orders. […] it strives for the universal and yet cultivates the unique. it pushes back the individualistic, in favor of the individual.»

It is only logical that he was one of the co-founders and most important representatives of Allianz, an association of artists in Zurich. From this, the Zurich Concrete developed in the 1930s. His colleagues were Verena Loewensberg, Camille Graeser and Richard Paul Lohse, but also Fritz Glarner and Hans Hinterreiter. One of the pioneering achievements of the Zurich Concrete Artists was that they declared the content of art itself to be the theme of their own works and investigated into colors, shapes and materials.

In 1931 Bill married Binia Spoerri from Zurich, who worked as a photographer, graphic artist and cellist. Their son Jakob was born in 1942.

Bill also joined the Parisian group Abstraction-Création, which included the well-known pioneer of abstraction Auguste Herbin, but broke away from it in 1936.

From 1953 to 1956, Bill was rector of the Ulm School of Design, where, as head of the architecture and product form departments, he created revolutionary product designs such as the famous Ulm stool and the university building.

It is worth mentioning Bill’s connection to Brazil, which not least gave him great popularity in the Hispanic region. In 1950, Bill traveled for the first time to Brazil to exhibit his work in the newly opened Museum of Art in São Paolo. There was also a close relationship between the Latin American country and the Ulm School of Design, of which Bill was rector since 1953. Many young students returned to their home country with Bill’s wealth of ideas after completing their studies at the School of Design in Ulm and set up their own graphic design studios and architecture offices.

Max Bill was also active on a political level; in 1961 he was a member of the City Council of Zurich and from 1967 he was a member of the National Council for the Alliance of Independents for four years. He campaigned against National Socialism, hid politically persecuted people at his home – and was even observed by the Swiss intelligence agencies in 1936.

In 1991, the art historian Angela Thomas, with whom he had a relationship since 1974, became his second wife.

Max Bill died in 1994 at the age of 85 during a stay at Berlin Airport, waiting to return to Zurich.

 

Bill’s oeuvre is comprehensive and pioneering in many areas of art, architecture and design.

Even before his training at the Bauhaus, Bill went through an experimental search. The early works The Boy Plays with the Dog (1928, ink on white and red striped fabric) and Cirkus (1927, colored pencil and pencil on paper) date from this period.

At the Bauhaus, Bill completed a comprehensive art education and was influenced by the prevailing idea of revitalizing the working community between art and craft on a democratic level, which he included in his works.

Bill’s works are based on mathematical principles. He designed them like scientific constructions. The structurally clear form enables objects (of daily use) to be manufactured industrially, what Bill mastered to perfection: His works captivate with bold and mathematically constructed forms, but without losing the charm of a design object as class, tension and elegance.

Bill’s need to examine colors, shapes and also materiality in his works – one of the core themes of the Zurich Concrete Artists, is omnipresent and noticeable until his later phase: in his graphics, for example Double from Four Groups of Four (1983), 3: 4, bright (1985) or Four Interpenetrating Colors with White and Gray (1978) this is easy to see.

Bill also adopted his concrete design principles in his sculptural work as it can be seen impressively in Half Sphere around Two Axes (1965-1966, black Swedish granite).

Max Bill was one of the most important artists of the 20th century, as documented by his countless pictures, sculptures, design objects, graphics and buildings. His aesthetic means are still alive and well today – which makes Max Bill a designer of “classics” in many ways.