GALERIE

Not Bott, 1927-1998

Not Bott wird 1927 in Valchava, im Südbündner Val Müstair, geboren. Nach der Schulzeit beginnt er sein Berufsleben auf dem elterlichen Bauernhof, später arbeitet er in einem Hotel in Pontresina. An der Eidgenössischen Zollschule in Liestal absolviert Bott die Ausbildung zum Grenzwächter und übt diesen Beruf bis 1966 aus.

Nach der Aufgabe der Stelle als Grenzwächter ergreift Not Bott in Pontresina den kaufmännischen Beruf. 1989 lässt er sich frühpensionieren, um sich gänzlich der Kunst zu widmen. Von 1955 bis zu seinem Tod 1998 lebt er in Poschiavo.

Seiner künstlerischen Berufung, der Bildhauerei, beginnt der Autodidakt ab 1954 gelegentlich und ab 1960 regelmässig nachzugehen. An einer Einzelausstellung (Pro Grigioni Italiano, Poschiavo)kann Bott seine Werke erstmals 1968 präsentieren. Es folgen Ausstellungen im Palazzo Besta im italienischen Teglia, im Kulturforum Würth in Chur oder im im Museo d’Arte Casa Console Poschiavo, um nur einige zu nennen.

Der Bildhauer findet seine Ausdrucksform im Holz. Dafür verwendet er fast ausschliesslich die heimische Arve, die entweder aus dem Oberengadin oder aus dem Val di Campo auf der Südseite des Berninapasses stammt.

Die Arve ist ein aussergewöhnlicher Baum: sie bevorzugt exponierte Standorte auf steinigem Gelände, weil sie nicht überleben könnte, wenn sie im Winter mit Schnee bedeckt würde. Deren Wurzeln finden auch an steilen Hängen Halt und dringen dort in den nur gering vorkommenden Humus ein. Bott gräbt diese Wurzeln und Wurzelstöcke unter mühsamen Bedingungen selbst aus. Danach muss das Holz mehrere Jahre gelagert werden, bis es bearbeitet werden kann.

Nur selten verwendet Bott andere Holzarten wie beispielsweise den Nussbaum oder die Lärche.

Die Werke Botts tragen nicht nur die Besonderheit in sich, dass sie immer aus nur einem Stück Holz oder Wurzelstock bestehen. Sondern sie werden auch zunächst durch die Natur und erst danach durch den Menschen geformt. Dahinter steht die Erkenntnis Botts, dass Holz dasjenige Material ist, welches über jede Form siegt, die der Künstler ihm geben mag.

Die Namensgebung der Werke erfolgt im Nachhinein, also nach der Bearbeitung durch den Künstler – und verweist vielfach auf einen spielerischen Umgang des Künstlers mit einem Vorbild aus der gegenständlichen Welt, obschon seine Werke nicht zwangsläufig einen gegenständlichen Charakter haben.

Seine frühen Arbeiten stellen figurative Schnitzereien dar. Diese entstehen aus Wurzelstöcken, die er selbst aus dem Waldboden ausgräbt. Ab Mitte der 1960er Jahre entstehen organisch-geformte Gebilde mit fliessenden runden Formen. Seine Aufgabe in diesen ersten Schaffensperioden sieht Bott darin, die Wurzelstöcke durch Hervorheben ihres natürlichen Wachstums zu bearbeiten. Dies zeigt sich auch in der Oberflächenbehandlung: Bott überzieht seine fein polierten Werke mit einer Beize, die die natürliche Farbe des Holzes durchscheinen lässt.

Von dieser Überzeugung kommt Bott in den 1980er Jahren ab: er greift stärker in die Gestaltung ein und kreiert kräftig-kantige Körper. Die Formgebung gewinnt an Bedeutung – und es scheint fast, dass der Künstler an Kraft gegenüber der materialspendenden Natur gewinnt. Ein sehr schönes Beispiel hierfür ist die hohe und in ihrem oberen Teil ausladende und in vier Arme zergliederte Plastik «Cavalluccio». Während Bott die Bearbeitungsspuren bei seinen frühen Skulpturen durch feines Schleifpapier vor unseren Augen beseitigt hat, belässt er nun die Verweise auf die Kettensäge sichtbar. Danach lasiert Bott das Holz entweder mit Schwarz oder in Blau- und Grüntönen, was zwar den optischen Eindruck der Materialität in der Farbgebung verändert.

Die Lasuren und Beizen erwecken auf einigen Skulpturen den Eindruck von Metall, so dass man erst bei genauerem Hinsehen erkennt, dass es sich um Holz handelt, wie die beiden Skulpturen «Lodirat», und «Formation» veranschaulichen.

Trotzdem bleibt das ursprüngliche Holz immer noch zu erkennen – und verweist auf die immer geltende Überzeugung Botts, dass das Material Holz in seinem Werk nachhaltig dominierend sein wird.

Dass sich Bott zwar nur in geringem Masse, aber doch auch für das Material Metall interessiert, zeigt seine Gruppe von Kleinbronzen aus den 1990er Jahren. Ein sehr schönes Beispiel, welches den Aspekt der Dimension thematisiert, ist die aus organischen Formen lebende Kleinbronze «Formazione» von 1991.

 

Not Bott, 1927-1998

Not Bott was born in 1927 in Valchava, in the southern Grisons Val Müstair. After finishing school, he began his professional life on his parents’ farm and later worked in a hotel in Pontresina. Bott completed his training as a border guard at the Federal Customs School in Liestal and worked in this profession until 1966.

After giving up this position, Not Bott took up a commercial job in Pontresina. In 1989 he took early retirement in order to devote himself entirely to art. He lived in Poschiavo from 1955 until his death in 1998.

The autodidact began to pursue his artistic vocation, sculpting, occasionally from 1954 and regularly from 1960. Bott was able to present his works for the first time in 1968 at a solo exhibition (Pro Grigioni Italiano, Poschiavo). Exhibitions followed in the Palazzo Besta in Teglia, Italy, in the Kulturforum Würth in Chur and in the Museo d’Arte Casa Console Poschiavo, to name just a few.

The sculptor found his form of expression in the material of wood. For this he used almost exclusively the local Swiss stone pine, which came either from the Upper Engadine or from the Val di Campo on the south side of the Bernina Pass.

The Swiss stone pine is an exceptional tree: it prefers exposed locations on rocky terrain because it could not survive if covered with snow in winter. Its roots also find a hold on steep slopes and penetrate into the humus, which is only sparsely present. Bott dug these roots and rootstocks himself under arduous conditions. After that, the wood was stored for several years before it could be processed.

Bott only rarely used other types of wood such as walnut or larch.

Bott’s works not only have the special feature that they always consist of just one piece of wood or rootstock. Rather, they have been first formed by nature and only then by humans. Behind this is Bott’s realization that wood is the material that triumphs over any shape that the artist may give it.

The naming of the works was done afterwards, i.e. after the artist has created them – and often referred to the artist’s playful handling of a model from the representational world, although his works did not necessarily have a representational character.

His early works were figurative carvings made of roots that he dug out of the forest ground himself. From the mid-1960s onwards, organically shaped structures with flowing round shapes emerged. Bott saw his task in these first creative periods as working on the rootstocks by emphasizing their natural growth. This is also reflected in the surface treatment: Bott covered his finely polished works with a stain that lets the natural color of the wood shine through.

Bott abandoned this conviction in the 1980s: he intervened more in the design and created strong-edged bodies. The form was gaining in importance – and it almost seems that the artist was gaining strength in relation to the material-giving nature. A very fine example of this is the sculpture «Cavalluccio», which is high and protrudes in its upper part and is divided into four arms. While Bott used fine sandpaper to remove the traces of processing in his early sculptures with fine sandpaper before our eyes, he leaved the references to the chainsaw visible in his later works. Afterwards, Bott glazed the wood either with black or with shades of blue and green, which does change the visual impression of the materiality of the coloring.

The glazes and stains give the impression of metal on some sculptures, so that it is only on closer inspection that one recognizes that they are made of wood, as the two sculptures «Lodirat» and «Formation» illustrate.

Nevertheless, the original wood can still be recognized as wood – and refers to Bott’s conviction that this material will continue to dominate his work.

His group of small bronzes from the 1990s shows that Bott was only slightly interested in metal as a material. A very nice example, which addresses the aspect of dimension, is the small bronze «Formazione» from 1991, which consists of organic forms.